Was ist Sialorrhoe? Unkontrollierter Speichelfluss durch gestörtes Schlucken – Ursachen, Symptome und soziale AuswirkungenWie entsteht Sialorrhoe? Ursachen wie Parkinson, Schlaganfall, Medikamente, Kieferfehlstellungen und gestörte Schluckfunktion

Definition Sialorrhoe

Wie entsteht eine Sialorrhoe?

Ursache einer Sialorrhoe können sein:

  • Erkrankungen des Nervensystems, wie Parkinson, Schlaganfall, Zerebralparese und andere
  • Traumata und Tumore im Kopf-Hals-Bereich
  • Kiefer- und Zahnfehlstellungen
  • Bestimmte Medikamente

Vor allem neurologische Grunderkrankungen (Erkrankungen des Nervensystems) wie M. Parkinson, atypische Parkinson-Syndrome, Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma, amyotrophe Lateralsklerose (ALS), Zerebralparese, Demenzen, Multiple Sklerose und andere können eine Sialorrhoe auslösen.

Aber auch Tumor-Erkrankungen im Kopf-Hals-Bereich und deren Therapie wie Bestrahlung oder operative Eingriffe können Ursache einer Sialorrhoe sein. Daneben führen manche Medikamente (vor allem Neuroleptika, auch Dopaminantagonisten) zu einer Überproduktion des Speichels.

Insbesondere bei Kindern achten Ärzt*innen bei der Diagnose auch auf Fehlstellungen im Mund-Kiefer-Bereich. Wenn Zähne und Lippen nicht richtig schliessen können, ist das Tropfen von Speichel aus dem Mund wahrscheinlich.

Wofür brauchen wir den Speichel?

Im Mund wird kontinuierlich eine geringe Menge an Speichel produziert, die sich während des Essens erhöht. Pro Tag beläuft sich die Speichelmenge auf etwa 1 bis 1,5 Liter Speichel.

Es gibt drei grosse Speicheldrüsenpaare, die unterschieden werden. Die grössten davon sind die Ohrspeicheldrüsen (Glandula parotis, Glandula parotidea), die sich direkt hinter dem Kiefergelenk befinden, unterhalb und vor den Ohren. Zwei kleinere Paare, die Unterkieferspeicheldrüsen (Glandula submandibularis) und die Unterzungenspeicheldrüsen (Glandula sublingualis) liegen im Mundboden, an der Unterkieferkante bzw. unter der Zunge. Abgesehen davon gibt es zahlreiche kleine Speicheldrüsen, die im gesamten Mund verteilt sind.

Der Speichel hilft bei der Vorverdauung und schützt Mundhöhle, Schleimhaut und Zähne vor Krankheitserregern und Säure. Ist der Mund zu trocken, z.B. als Nebenwirkung bei bestimmten Medikamenten, spricht man von Mundtrockenheit oder Xerostomie. Diese wird als sehr unangenehm empfunden und beeinträchtigt auf lange Sicht die Zahn- und Mundgesundheit. Wichtig ist bei allen Störungen der Speichelproduktion oder dem Abschlucken eine gute Mund- und Zahnpflege. Bei Mundtrockenheit können Mundsprays verwendet werden, um die Schleimhäute zu befeuchten.

 

Anatomie der Speicheldrüsen: Ohrspeicheldrüse, Unterkieferspeicheldrüse und Unterzungenspeicheldrüse im Querschnitt

Wie hängen Sialorrhoe und Schluckstörungen zusammen?

Das Schlucken ist ein komplexer Vorgang, der sicherstellen soll, dass wir Nahrung, Flüssigkeit und Speichel rasch vom Mund zum Magen befördern und dabei die Luftwege schützen. Sind die Schluckabläufe gestört und gelangt Nahrung oder Speichel unbewusst und unkontrolliert in die Lunge, kann es zu Komplikationen wie einer Lungenentzündung kommen.

Bei einer Parkinson-Erkrankung leiden die Betroffenen nicht nur unter den bekannten Einschränkungen der Bewegung durch Zittern (Tremor), Steifigkeit (Rigor), Bewegungsarmut und Haltungsinstabilität, sondern auch unter Schluckstörungen. Die komplexen Mechanismen des Schluckens werden ebenfalls von der Erkrankung beeinflusst. Dies äussert sich insbesondere in einer verminderten Häufigkeit des Schluckens, wodurch sich Speichel im Mund ansammelt und unkontrolliert aus dem Mund fliesst. Die Sialorrhoe ist also Teil der Schluckstörungoder auch eine Sonderform der Schluckstörung.

Unterschied Atmen vs. Schlucken: Speichelfluss bei Schluckstörung kann in Luftröhre gelangen und Sialorrhoe oder Aspiration verursachen

Beim Gedanken an einen Zahnarztbesuch entsteht eine bildhafte Vorstellung davon, wie sich der Speichel ohne Absaugen schnell ansammelt und unkontrolliert in den Rachen gelangt oder bei normaler Haltung ohne Schlucken einfach aus dem Mund tropft.

Wie häufig tritt übermässiger Speichelfluss auf?

Je nach Ursache und Schwere kann eine Sialorrhoe seltener oder aber sehr häufig auftreten. Bei Parkinson-Patient*innen zum Beispiel leiden 35-80% der Patient*innen unter Schluckstörungen.

Etwa die Hälfte der Patient*innen mit Schluckstörungen läuft Gefahr, Nahrung oder Speichel in die Lunge zu verschlucken und dadurch ein erhöhtes Risiko für Lungenentzündungen zu haben. Für viele Ursachen existieren keine genauen Zahlen, da die Sialorrhoe lediglich als begleitendes Symptom betrachtet wird.